Kompetent aussehen

2011-10-25

Wer ist eigentlich schuld am aktuellen Schlamassel um den Euro und die die Griechenland-Pleite? Die Banken? Die Politiker? Die Griechen? Die Deutschen? Oder doch wieder die Illuminaten? Morgen stimmt der Bundestag über den Hebel auf die EFSF-Gelder ab. Da wäre es ja schön zu wissen, auf wen man dann einprügeln kann, wenn es wie erwartet kracht, und wie man dabei auch noch kompetent aussieht.

Heute aber mal keine Zeit, selbst zu schreiben. Dafür empfehle ich als bekannt konservativer Neoliberaler einen Artikel von Stephan Schulmeister aus der FAZ: Die Lernschwäche der Ökonomen. Ist zwar schon ein paar Tage alt, trotzdem hochaktuell für Leute, die was über Hintergründe und Zusammenhänge erfahren wollen. Zitat:

Ärzte, deren Therapie Teil der Krankheit ist, verstärken lieber die Dosis.


Arm, aber sexy

2011-10-24

Arm, aber sexy, sei Berlin, heißt es. Sexy ist man nun mal oder ist es nicht, dagegen kann man wenig machen. Aber die Armut geht man jetzt an:

Arschlecken 299 small

Die Renovierung am Bahnhof Ostkreuz ist noch in vollem Gang. Die ersten Dienstleistungs-Unternehmen nutzen den neuen Standort aber schon.

Ob diese Geschäftsidee Zukunft hat? Ich werde sie mal weiter beobachten. Aus sicherem Abstand.


Einsatz in Einsatz

2011-10-21

Wo liegt denn eigentlich Einsatz? Wussten Sie auch nicht? Da sind sie nicht alleine. Nicht mal Google Maps kennt die Stadt. Oder die Region. Oder das Land.

Was eigentlich ja ein Skandal ist. Denn da muss es ganz schön schlimm zugegangen sein, in Einsatz. So schlimm, dass sich sogar die NATO drum gekümmert hat. In einer super-geheimen Aktion. Denn sonst hätte ja die Tagesschau drüber berichtet. Oder wenigstens die eine oder andere Zeitung oder ein Online-Medium. Oder doch immerhin die ganzen VT-Blogs hier im Netz.

Screenshot 2011-10-21 Fr 18:00 (http://www.general-anzeiger-bonn.de/index.php?k=news&itemid=10005&detailid=953918)

Investigativer Journalismus: Der Bonner General-Anzeiger berichtet über das Ende eines NATO-Einsatzes. Außerhalb von Bonn wusste man noch nicht mal, dass die NATO überhaupt dort eingerückt war. (Screenshot)

Aber diesmal hat die Geheimhaltung funktioniert. Fast. Denn der Bonner General-Anzeiger hat es am Ende doch herausgefunden. Jetzt ist der Einsatz in Einsatz allerdings schon vorbei. Es herrschen wieder Ruhe und Ordnung. Und wir wissen immer noch nicht, wo Einsatz eigentlich liegt. Und ob es da Öl gibt.

Update: Berliner Morgenpost, die Märkische Allgemeine, die Pforzheimer, der Stern und die Süddeutsche, in alphabetischer Reihenfolge, berichten jetzt auch. Leider liefert keine der Sites eine Karte mit. Ich weiß also immer noch nicht, wo Einsatz liegt.

Die Online-Ausgabe des General-Anzeigers hat dagegen die Meldung wieder vom Netz genommen. Ob ihnen da jemand vom NATO-Hauptquartier auf die Finger geklopft hat?


Knutschknuddel und die wundersame Geldvermehrung

2011-10-20

Vor drei Wochen stimmte der Bundestag ab über die EFSF, die so genannte „Eurorettung“. Die meisten Abgeordneten hatten zwar keine Ahnung, worum es geht oder wie viel Geld das den Steuerzahler kostet. (Spoiler: Es ging um zunächst mal 211 Milliarden Euro aus Deutschland.) Und ob überhaupt irgendjemandem klar war, dass die ganze Asche jetzt nicht etwa der EU zugeschoben wird, sondern einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, ist auch arg zweifelhaft. Dieses Unternehmen nämlich, genau die EFSF (European Financial Stability Facility), ist eine luxemburgische AG ohne jede demokratische Kontrolle.

Ist aber auch alles nicht so wichtig, denn die 211 Milliarden reichen ohnehin nicht. War dem Herrn Finanzminister Schäuble wahrscheinlich von Anfang an klar, auch wenn er wochenlang rumdruckste und erst jetzt langsam rausrückt mit dem, was er tatsächlich vorhat. Weil er aber wohl ahnt, dass es vielleicht doch zu leisem Unmut kommt, wenn er plötzlich nicht mehr Milliarden, sondern Billionen fordert, hat er sich einen kleinen Trick einfallen lassen. Das Geld, das jetzt schon bewilligt wurde, soll nämlich gehebelt werden. So könne er aus 211 Milliarden locker ein paar Billionen machen, meint er.

Ehrlich gesagt, ich wäre auch gern so schlau wie der Herr Schäuble. Ich könnte zwar mangels Masse keine Milliarden hebeln, aber aus einem Zehner mal schnell nen Fuffi oder gar nen Hunderter zu machen hätte ja auch seinen Reiz. Also hab ich mal das Internet angeworfen und mich schlau gemacht, was es mit der wundersamen Geldvermehrung so auf sich hat.

Derivate und Optionsscheine

Wie funktioniert denn so ein Hebel? Ganz grob gesagt sind die meisten Hebel Derivate. Und was ist jetzt ein Derivat? Am einfachsten kann man das wohl an Optionen erklären.

Nehmen wir an, die Knutschknuddel AG verkauft Plüschtiere. Ihre Aktien stehen im Moment bei 100 Euro und sind gerade im Aufwind. Weihnachtsgeschäft und so. Ich hoffe, dass der Kurs weiter steigt.

PhotographyBySakura, http://www.flickr.com/photos/sakura-harusame/3106259946/

Diese Anlegerin kann ruhig schlafen: Sie verlässt sich auf drei erfahrene und sehr diskrete Vermögensberater. (1)

Der langweilige Weg

Da könnte ich jetzt einfach für 100 Euro eine Aktie kaufen. Wenn dann zu Jahresende eine Knutschknuddel-Aktie 130 Euro wert ist, kann ich die wieder verkaufen und habe 30 Euro Gewinn gemacht. Wenn der Kurs fällt, verkaufe ich eben mit Verlust. Oder ich warte, bis der Kurs wieder steigt. (Transaktionsgebühren und Steuern lassen wir mal weg. Die fallen nur für Kleinanleger ins Gewicht, Große mogeln sich da raus. Und wir denken jetzt groß.)

Wir machen es spannend

Aber die 30 Euro reizen mich noch nicht. Ich will mehr Gewinn machen. Also gehe ich zur Bank und sage der freundlichen Dame hinter dem Tresen: „Wetten, dass Knutschknuddel zu Jahresende mindestens 100 wert ist?“ Sie hält dagegen und bietet mir folgenden Deal an: Ich zahle 10 Euro dafür, dass ich zu Jahresende eine Knutschknuddel-Aktie für 100 kaufen kann. Dafür stellt sie mir eine Art „Wettschein“ aus. Dieser Wettschein ist nun eine Option. Was fange ich damit an?

Wenn Knutschknuddel Ende Dezember wirklich bei 130 Euro steht, kann ich den Wettschein einlösen. Ich darf dann eine Aktie für 100 kaufen und kann sie sofort wieder für 130 Euro verkaufen. 30 Euro minus die 10, die ich bereits für den Wettschein bezahlt habe, macht 20 Euro Gewinn. Und da ich ja 100 Euro zum Zocken habe, kann ich mir gleich 10 Optionsscheine von der Bank kaufen. Macht 200 Euro Gewinn, statt bloß 30 mit einer langweiligen Aktie. Also fast das Siebenfache. Toller Plan, nicht?

Dummerweise ist meine Kristallkugel aber gerade zur Reparatur. Das heißt, ich kann nicht wirklich sicher sein, dass Knutschknuddel 130 erreicht. Oder auch nur 110, womit ich Plusminus Null rauskäme. Wenn die Aktie nämlich am 31. Dezember zu 100 Euro gehandelt wird oder sogar darunter, sind meine Optionsscheine genau gar nichts mehr wert. Denn warum sollte ich sie noch einlösen („wahrnehmen“ sagt man da unter Zockern) und eine Aktie für 100 von der Bank kaufen, wenn ich sie im Spätkauf um die Ecke für, sagen wir, 95 haben kann? Und überhaupt: Ich habe dann ja gar kein Geld mehr. Auf die langweilige Tour hätte ich immerhin noch eine Aktie im Wert von 95 Euro. Mit den Optionsscheinen habe ich meinen gesamten Einsatz verbraten.

Es hätte mich auch stutzig machen müssen, dass die Bank überhaupt auf meine Wette eingeht. Denn offenbar haben die da ja nicht geglaubt, dass der Aufwärtstrend von Knutschknuddel anhält. Wenn sie das nämlich angenommen hätten, hätten sie besser selbst Aktien gekauft, statt sich auf meine Wette einzulassen.

Je komplizierter, desto crash

Optionen sind also so etwas wie Wetten. Wenn ich sie verliere, ist mein ganzer Wetteinsatz futsch. Und wie bei einer Wette braucht es immer jemanden, der dagegen wettet. Das ist in den meisten Fällen die Bank. Die hat einen großen Vorteil: Sie beschäftigt Tausende von Spezialisten, die den ganzen Tag über Börsen- und Wirtschaftdaten im Internet kucken und den Finanzmarkt analysieren. Ziemlich wahrscheinlich, dass diese Leute bessere Voraussagen treffen können als ich.

Da aber jeden Morgen genügend Leute aufstehen, die sich einbilden, sie seien schlauer als die Bank, findet sie auch immer genügend Dumme, die sich auf Wetten einlassen. Auf Optionen, Futures, Credit Default Swaps, Leerverkäufe, Forward Rate Agreements, Puts, Cross Currency Swaps und was es sonst noch an Derivaten gibt. Die heißen so, weil sie von den Kursen tatsächlicher Wertpapiere oder Güter abgeleitet sind (die alten Römer sagten dazu derivare). Manche von ihnen sind so kompliziert, dass selbst VWL-Professoren und Börsenanalysten nicht genau durchblicken. Faustregel: Je komplizierter, desto crash. Desto größer aber auch die Euro- und Dollarzeichen in den Augen der Anleger. Denn manchmal gewinnt tatsächlich auch der Anleger. Geschäftsrisiko. Auf lange Sicht (und die Finanzwelt hat einen sehr langen Atem) gilt aber immer die Zockerregel:

Im Kasino gewinnt immer nur die Bank.

Too Big to Fail

Erinnert sich noch jemand an die Bankenkrise von 2008/2009? Als Lehmann zusammenbrach und in der Folge eine Menge Banken in Schieflage gerieten? Das war zu Anfang eine Immobilienblase — das heißt, die Banken gaben Hinz und Kunz Kredite, um Immobilien zu kaufen, mit dem Effekt, dass die Preise für Häuser und Grundstücke in den USA immer höher stiegen. Als dann Hinz krank und Kunz arbeitslos wurde und beide die Kredite nicht mehr zurückzahlen konnten, brach das Kartenhaus zusammen. Die Banken kassierten die ganzen Immobilien dann für billig ein, durften dafür aber ihre Hypotheken abschreiben. Das hätte das Bankensystem wahrscheinlich noch verkraftet. Wirklich dramatisch wurde die ganze Krise dadurch, dass die Banken selbst massiv mit Derivaten gezockt hatten. Oft wider besseres Wissen, aber die Aktionäre wollten es so. Am Ende hatten die Banken einen großen Teil ihres Eigenkapitals verbraten. Und dazu noch Schulden.

Zunächst bekamen deshalb Unternehmen, die zum Beispiel neue Maschinen brauchten, auch keine Kredite mehr. Dann munkelte man, dass auch die Spareinlagen, Pensionsfonds und Renten weg wären. Es kam zur Panik, zum Absturz der Börsenkurse und zur schlimmsten Wirtschaftskrise seit 1930. In Deutschland — man erinnert sich noch daran, was hierzulande nach 1930 so abging — wurde die Krise dadurch abgefedert, dass viele Arbeitnehmer über Monate auf einen Teil ihres Lohns verzichteten. Schließlich pumpten Staaten auf der ganzen Welt massiv Geld in die Banken, weil die ja „systemrelevant“ sind und „too big to fail“: Das heißt, die Regierungen hatten mehr Angst davor, dass die Banken zusammenbrechen, als davor, die Steuereinnahmen aus mehreren Jahren den Banken zu schenken. Die Bankenrettung kostete zehn Mal mehr als der zweite Weltkrieg. Allein in Deutschland fast 500 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Damit hätte man sämtliche Arbeitslose 20 Jahre lang durchfüttern können, plus Zinsen.

Die Banken hatten sich also in Wirklichkeit gar nicht verzockt. Auch diesmal nicht. Sie konnten sich nämlich darauf verlassen, dass die Staaten ihre Verluste ausgleichen, indem sie das Geld der Bevölkerung wegnehmen. Weil Banken ja wichtiger sind als Menschen.

Zeitbomben und Massenvernichtungswaffen

Was 2008 und 2009 als Verlustausgleich an die Banken ging, ist jetzt genau das Geld, das den Kindergärten und Schulen, dem Straßenbau, den Krankenhäusern und den Hartzern fehlt. Schlimmer noch: Der Staat hatte das Geld gar nicht. Er hoffte lediglich, es in den nächsten Jahren einzunehmen, was ja wegen der Wirtschaftskrise nun auch schwieriger geworden war. Er musste sich also dafür verschulden. Natürlich bei den Banken. Die flugs ihre Zinsen erhöhten, denn Geld war ja plötzlich teuer geworden. In manchen Ländern ist die Wirtschaft trotz allem so leistungsfähig, dass es noch einige Zeit dauern kann, bis dieses System zusammenbricht. Bei anderen Ländern, Griechenland zum Beispiel, ging es schneller.

Warren Buffett nannte deshalb Derivate schon mal „Zeitbomben“ und „Massenvernichtungswaffen“. Der Mann ist der zweitreichste der Welt und ein Über-Zocker. Der sollte es also wissen. Unser Finanzminister hat diese Erkenntnis noch vor sich. (Dass er schon weiß, was er da tut, will ich mal zu seinen Gunsten nicht annehmen. Ich bin halt hoffnungslos gutgläubig.)

Herr Schäuble: Wie wäre es denn, wenn Sie mal Herrn Buffett anriefen und ihn um Rat fragten, bevor sie hier die große Illusionisten-Show geben? Dochdoch, Herr Buffett hätte sicher ein paar Minuten Zeit für Sie. Und wenn Ihr Englisch nicht reicht, hilft Herr Westerwelle garantiert gerne aus.

(1) (CC) by-nc-nd 2.0  PhotographyBySakura. Link auf Flickr.


Staatstrojaner goes 2.0

2011-10-19

(Das trojanische Oktoberfest, Teil 3)

Den Staatstrojaner gibt’s jetzt auch für Windows mit 64 bit. Das will zumindest Kaspersky herausgefunden haben, wie Heise meldet. Nicht wirklich überraschend, auch nicht, dass BMI und BKA das nicht gleich zugegeben haben, als der erste Staatstrojaner aufflog. Wir kennen diese Salamitaktik aus anderen Skandalen: Am Ende ist der Schaden viel größer, als wenn man gleich klar Schiff gemacht hätte. Aber da sind unsere Überwachungsbehörden ja lernresistent.

Mal angenommen, Kaspersky produziert nicht nur heiße Luft (was bei dem Renommee des Unternehmens unwahrscheinlich ist): Der CCC hatte ja schon angedeutet, dass für einen 64-bit-Trojaner der Zertifikatsspeicher kompromittiert werden müsste. Das hat DigiTask (oder wer immer den neuen Trojaner geschrieben hat) jetzt offenbar geschafft.

Und dazu braucht es allerdings schon eine Menge krimineller Energie. Es ist auch relativ egal, ob das so beauftragt wurde oder behördlicherseits der Auftrag lediglich lautete: Hebelt die Bordsicherheit aus, ohne Rücksicht auf Verluste. In beiden Fällen ist es ein Indiz dafür, dass wir es inzwischen in Deutschland mit Überwachungsstrukturen zu tun haben, die sich weder um Grundrechte noch um Folgeschäden auch nur einen Pfifferling scheren.

Stopp. Ändern. Schnellstmöglich. „Sicherheitsrelevante“ Ministerien und Behörden müssen in Kontrolle genommen werden — und soweit irgendwie verantwortbar, in öffentliche Kontrolle.

Und der Osterhase

Heute tagte übrigens der Rechtsausschuss des Bundestages zu dem Thema, anschließend gab’s eine aktuelle Fragestunde, in der sich unter anderem der Grünen-Abgeordnete Jerzy Montag sehr ins Zeug gelegt hat. (Protokolle gibt’s noch nicht, dürften aber bald auf der Bundestags-Site abrufbar sein [1].) Finanz-, Innen- und Justizministerium waren gefragt. Antwort, zusammengefasst: Wir haben zwar nicht mal den Quelltext bekommen, aber sind uns ganz sicher, dass der Trojaner nichts Ungesetzliches macht. Und DigiTask liefert auch nur das, was wir beauftragt haben. Das können wir überprüfen.

Wie bitte? Ohne Quelltext? Also ausschließlich mit Reverse Engeneering? Aber dann ein externes Unternehmen mit dem Trojaner beauftragen? Und den Osterhasen gibt’s auch?

Wir wissen nicht, was wir tun, aber das mit voller Kraft

Vor einer Woche wusste unsere Bundesjustizministerin noch nicht einmal, ob es einen Staatstrojaner überhaupt gibt. Angenommen, das war keine Lüge (und ich halte Frau Leutheusser-Schnarrenberger immer noch für einigermaßen glaubwürdig): Dann leben wir in einem Staat, wo Ministerien und Kriminalämter fröhlich verfassungswidrige Überwachungssoftware erstellen und einsetzen lassen und es nicht mal für nötig halten, die zuständige Ministerin zu informieren.

Was für ein Laden ist das bitte, der uns regiert?

Die Linken-Abgeordnete Halina Wawzyniak hat sich die Mühe gemacht, aus dem Rechtsausschuss zu bloggen (danke an Fefe für den Link). Ich zitiere mal:

Wir schränken Bürgerrechte ein, wissen aber gar nicht wie weit die Einschränkung wirklich geht und auf welcher Rechtsgrundlage.

Gut gesagt.

Was kann der Staatstrojaner eigentlich?

Was bei dem ganzen Durcheinander gern mal verloren geht: Was kann der Staatstrojaner eigentlich? Das hat schon vor ein paar Tagen Alexander Svensson in einem YouTube-Video in dreieinhalb Minuten zusammen gefasst. Bezieht sich auf Version 1.0 des Trojaners (den, den der CCC analysiert hat), und die Beweisfälschung kommt mir etwas zu kurz. Aber sehr schön und verständlich gemacht.

[1] Update 2011-10-20: Verlassen Sie sich aber nicht zu sehr auf die Protokolle. Die werden nämlich zensiert, auf Wunsch des Abgeordneten. Herrn Uhl ist zum Beispiel eingefallen, dass er sich schon ein wenig verplappert hatte, als er zugab, dass dieses Land von Sicherheitsbeamten regiert wird. Zu spät allerdings. Internet: It works, bitches.


Wir haben alle gelacht

2011-10-18

(Das trojanische Oktoberfest, Teil 2)

Wir haben alle gelacht, aber jetzt ist auch mal wieder gut. Der Staatstrojaner ist mittlerweile aus den Schlagzeilen verschwunden. Da ihn inzwischen alle Virenscanner erkennen dürften, muss DigiTask, oder ein anderes Unternehmen, wohl einen neuen schreiben. Vermutlich profitieren die Programmierer auch von der Gratis-Qualitätssicherung des CCC und merzen die übelsten Schwachstellen aus.

Legal, illegal, scheißegal

Also alles bestens, Demokratie funktioniert, und selbst unsere Überwacher lernen aus ihren Fehlern? Ja, Pfeifendeckel. Denn der wirkliche Skandal ist ja nicht einmal, dass 13 Millionen Euro Steuergelder für eine geradezu peinlich schlechte Software ausgegeben wurden. Sondern, dass diese Software zu 90 % genau das tut, was das Bundesverfassungsgericht explizit verboten hat. Dass ihr Einsatz unsere Grundrechte aushebelt — und Grundrechte sind nicht verhandelbar. (Und sie gelten für alle, nicht nur für die, die „nichts zu verbergen“ haben.) Und dass Bundes- und Landesinnenministerien und -kriminalämter offenbar wild entschlossen sind, diese Grundrechte weiter gepflegt zu ignorieren. Flächendeckend.

Weil, die kriegen ja nicht die Gesetze, die sie gern hätten, um das Grundgesetz weiter zu durchlöchern. Oder, um Pofalla zu zitieren, man solle sie doch mit so einer Scheiße in Ruhe lassen.

Öffentliches Interesse

Die Piratenpartei Bayern hat jetzt Strafanzeige gegen den bayrischen Innenminister Herrmann, LKA-Präsident Dathe und Konsorten erstattet. Wenn Politiker aktiv gegen unsere verfassungsmäßigen Rechte vorgehen, ist das ein Antragsdelikt — das heißt, die Staatsanwaltschaft ermittelt nur, wenn man ihr auf die Füße tritt. Und dann auch nur, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt — sofern nicht der Geschädigte selbst klagt (was er vermutlich aus guten Gründen nicht tun wird).

Ob auch Politiker sich an die Menschenrechte zu halten haben, ist eine Frage, die durchaus öffentliches Interesse verdient. Ich bin mal gespannt, ob die Staatsanwaltschaft — die ja weisungsgebunden und per Definition eine politische Behörde ist — das auch so sieht.


Ich liebe euch doch alle

2011-10-17

Sind unsere Alt-Parteien tatsächlich lernfähig? Kaum geht die Occupy-Bewegung auch in Europa auf die Straße, fordern Cem Özdemir (Grüne), Alexander Dobrindt (CSU), ja sogar der notorische Rainer Brüderle (FDP) stärkere Kontrolle der Banken. SPD-Chef Sigmar Gabriel war ja schon am Sonnabend vorgeprescht mit der Forderung, Investment- und Geschäftsbanking zu trennen.

Wir erinnern uns: 2008 hatte das ganz ähnlich geklungen. Passiert ist: Nichts.

Erich Mielke

Erich Mielke. (Gemeinfreie Abbildung. Deutsches Bundesarchiv, Bild 183-R0522-177)

Liebe Politiker der Alt-Parteien: Macht es euch doch nicht so schwer. Sagt einfach: „Ich liebe euch doch alle“. Wir verstehen das dann schon.


Das trojanische Oktoberfest

2011-10-10
Oktoberfest rides in slightly stormy weather

© moarplease (CC) (1)

Der Skandal, den der CCC mit der Entschlüsselung und Veröffentlichung des Staatstrojaners ausgelöst hat, verspricht ganz großes Kino zu werden. Das ist zunächst einmal nicht schlecht: Es zeigt, dass die Öffentlichkeit und die Medien inzwischen sensibilisiert sind, wenn es um Überwachung geht. Wie immer, wenn ein Thema in den Fokus gerät, hätte man gern schnelle Lösungen. Nur, wer soll die liefern — der gleiche Staat, der augenscheinlich den Trojaner in Auftrag gegeben hat? Reaktionen von Politikern taugen daher auch eher als Stimmungsbild, als dass man tatsächlich Konsequenzen erwarten dürfte. Und nicht zuletzt sind einige Details noch alles andere als klar:

  • Wer hat den Staatstrojaner in Auftrag gegeben?
  • Wer von den politischen Verantwortlichen wusste Bescheid, in welchem Umfang?
  • Wo wurde der Trojaner bisher eingesetzt, in wie vielen Fällen?
  • Wer gab den Befehl für den Einsatz?
  • Gibt es noch weitere (verbesserte?) Versionen des Trojaners?

Fefes Aufforderung an die Piraten, „mal kräftig auf die Kacke zu hauen“, ist verständlich, hilft aber im Moment nicht weiter. Dass Friedrich und Schäuble ihre Finger im schmutzigen Spiel hatten, ist wahrscheinlich — aber noch nicht bewiesen. Auch hier gilt erst einmal die Unschuldsvermutung. Und gönnen wir uns doch das Vergnügen, die Verantwortlichen sich immer weiter in Widersprüche verwickeln zu lassen. Untersuchungshaft ist in diesem Fall nicht angebracht. Diese Beweise lassen sich so leicht nicht mehr aus der Welt schaffen.

Sagen was wahr ist

Was allerdings schon mehr als deutlich ist und sich auch nicht mehr leugnen lässt: Der Staatstrojaner

  • überschreitet bei weitem den Rahmen der gesetzlich legitimierten Überwachung,
  • ist so schlampig programmiert, dass die Frage nahe liegt, ob das nicht schon Absicht ist,
  • macht jedes Rechtsverfahren, das sich auf die durch den Trojaner erhobenen „Beweise“ stützt, zu einer Farce.

Updates

(1) Original auf Flickr. Lizenz: CC by-nc-nd 2.0


Offener Brief zum Nazi-Aufmarsch in Berlin am 10. Oktober 2009

2009-10-11

Nazis!

Was seid ihr eigentlich für seltsame Nationalisten, wenn ihr eure dummdreisten Aufmärsche auf die Tage legt, an denen unsere Nationalmannschaft ein wichtiges Spiel hat? Ein anständiger Deutscher hat an solchen Tagen sein Team zu unterstützen. Mit Bier, Fahne und lustigen Hüten.

Aber wahrscheinlich seid ihr sogar dazu zu blöd. Besser so. Fans wie euch kann nämlich niemand gebrauchen.

Wegtreten.


Katzen und Kameras

2009-10-09

Wie nennt man Katzen, die eine Kamera bedienen können?

Cats at Camera

Foto aus Rock Portrait Photography's Photostream bei Flickr. (c) CC 2.0 by-nc-nd

Pfotografen. Wie denn sonst?