Archive for 12. September 2009

Dem lieben Gott sein Personal

2009-09-12

Der liebe Gott [1], so hat man mir als Kind erzählt, sieht alles. Dazu braucht er weder Video-Überwachung noch Bundes-Trojaner. Seinem Personal dagegen scheint die Privatsphäre wichtiger zu sein. Meint jedenfalls Ralf Bendrath auf netzpolitik.org:

Wie wir mittlerweile seit drei Jahren wissen, ist Petrus Datenschützer. Oder wie Markus auch immer sagt: Irgendein Hacker hat da ein Script gebaut, das bei unseren Demos die Regenwolken vertreibt.

Das Wetter

Kurz nachgeprüft auf wetter.com: Zur Freiheit-statt-Angst-Demo heute (Sa. 2009-09-12 um 15:00 Uhr, ab Potsdamer Platz) wird es zwar wolkig und um 19 °C warm sein, dafür liegt das Regenrisiko gerade mal um die 20 %.

Dieses Risiko nimmt man doch gern auf sich.

Zumal … hatte ich mal geschrieben, „dass Demos wenig bewirken“? Freilich. Meistens. Es gibt allerdings auch Demonstrationen, die Zeichen setzen. Wie die am 22. Oktober 1983 im Bonner Hofgarten: Zwischen 250.000 und 500.000 Menschen demonstrierten damals gegen den NATO-Doppelbeschluss, deutschlandweit über eine Million. Zwar verhinderte sie weder den NATO-Doppelbeschluss noch das erneute atomare Wettrüsten der 80er Jahre, aber sie etablierte die Friedensbewegung endgültig als politische Kraft in Deutschland. Vermutlich wäre ohne sie Rot-Grün niemals zu Stande gekommen, jedenfalls nicht schon 1998. (Dass ausgerechnet Rot-Grün dann den ersten Militäreinsatz bundesdeutscher Truppen beschloss, beweist wieder, welch kruden Humor der Weltgeist öfters mal zeigt.)

Kritische Masse

Eine halbe Million Teilnehmer wird die Freiheit-statt-Angst-Demonstration wahrscheinlich nicht versammeln. 100.000 ist realistischer. Das wäre, nur auf die Berliner Gesamtbevölkerung gerechnet, nicht einmal besonders viel: Jeder 30. etwa. Aber diese 100.000 bilden bereits eine kritische Masse, die sich von den Medien jetzt nicht mehr ignorieren lässt (wie noch Ende 2007 bei den Aktionen gegen die Vorratsdatenspeicherung). Es wäre nicht der Startschuss für eine lang überfällige Bürgerrechtsbewegung – die gibt es bereits, seit Jahren, als mehr oder weniger lockerer Verbund verschiedener Organisationen im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, als Partei in den Piraten. Aber es wäre – es wird – der Moment, in dem diese Bewegung für alle sichtbar wird, in dem sie zeigt: Wir sind zu viele, um uns noch lächerlich zu machen, kleinreden, kriminalisieren zu lassen. Man kommt an uns nicht mehr vorbei. Die Themen, die Positionen, für die wir stehen, sind zu wichtig geworden, als dass sich die etablierten Mächte noch mit Worthülsen daran vorbei mogeln könnten.

Manchen, bei aller fraglichen Kompetenz in der Sache, dämmert das bereits. Ministerin Zypries zum Beispiel, die sich ein ganzes Interview lang in der taz fast ausschließlich mit der Piratenpartei beschäftigt. Dass sie kein gutes Haar an der politischen Konkurrenz lässt – geschenkt, es ist Wahlkampf. Dass sie freilich offenbar auch nicht einmal in das Programm der Piraten geschaut hat – könnte es daran liegen, dass sie dazu einen Browser bedienen müsste?

[1] Welche Geschmacksrichtung man für seinen Gott bevorzugt, überlasse ich als bekennender Agnostiker natürlich jedem (jeder) selbst. Die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters zeichnet sich gegenüber allen anderen Glaubensgemeinschaften der Religionsgeschichte freilich dadurch aus, dass sie als einzige eine Lösung für das drängende Problem der Erderwärmung anbietet. Welche? Das ist nicht schwer zu … Pi raten.